19. Spieltag Zitterpartie
Nachdem die Bayern in der Bundesliga etwas schwächeln und ungewohnterweise nicht bereits 15 Spieltage vor Saisonende Meister sind ging es etwas weiter unten, in der Kreisliga Erfurt Sömmerda am 19. Spieltag auf Punktejagd gegen den Abstieg. Überhaupt bin ich dafür, die Tabelle in der Bundesliga zu drehen, da das einzig Interessante der Abstiegskampf ist. Von Meisterkampf habe ich noch nie etwas gehört. Oben weiß man, wohin die Reise geht. Unten nicht.
Wohin die Reise an diesem Spieltag für die Fortunen geht, war klar. Sie bestritten ein Heimspiel gegen die zweite Mannschaft des SC Empor Erfurt. Wie die Reise ausgeht war, wie bei vielen Urlauben, jedoch noch nicht klar. Aber das ist je gerade das spannende am Fußball. Ja, ich möchte sagen, Fußball ist wie eine Schachtel Pralinen. Man weiß nie, was man kriegt.
Während im Rest von Erfurt beinahe tropische Temperaturen herrschten, pfiff durch das Stadion am Dorfe der gewohnte eisige Wind und so hatten es nur einige Unverzagte in dicken Wintermänteln und tief in Schals gehüllt an den Spielfeldrand geschafft um diesem wohl wichtigsten Spiel des Erfurter Fußballs an diesem Wochenende beizuwohnen.
Als Schiedsrichter führte heute Sportsfreund Suchy die Pfeife und die Fahnen an der Linie schwenkten Dietrich und Wagner. Apropos Pfeifen. Natürlich waren auch wieder 22 Akteure versammelt, die erwartungsfroh dem Anpfiff entgegen fieberten. Suchy, der, um es vorweg zu nehmen, heute eine sehr gute Pfeife pfiff, tat den Anwesenden den Gefallen und pfiff das Spiel an, was die Emporer, in Rot gekleidet, gleich zum Anstoß nutzten.
Die Zuseher staunten nicht schlecht, als zunächst Empor die Vorherrschaft auf dem Platz übernahm. So musste sich Salomon, der heute den Kasten der Fortunen hütete, das ein oder andere mal auszeichnen, da es sonst niemand anderes tat. Wäre es an mir, ich hätte ihm nach dem Spiel den goldenen Handschuh am Band verliehen, aber nach mir fragt ja niemand. Doch ein altes südchinesisches Sprichwort besagt: Salomon der Weise spricht, meinen Kasten triffst du nicht.
Nach der Anfangsoffensive der Gäste verflachte das Spiel nach etwa drei Minuten etwas. Nun war ein Mann mit Ideen gefragt. Dieser fand sich auch in Form und Gestalt von Mittelfeldmotor Daniel „The Engine“ Reich (gute Besserung an dieser Stelle, werd bald wieder gesund!).
So kam der Motor der Fortunen mehr und mehr in Fahrt und Reich passt in der 20. Minute auf Mühlberger, dem der Ball aber in letzter Sekunde noch weggespitzelt werden konnte.
Leider verfehlte Reichs Kopf hernach umgekehrt auch Mühlbergers Freistoß wie kurz danach aus derselben Position derselbe Schütze denselben Kopf. Die Flanken flogen nur so in den Strafraum der Emporer, getreten wahlweise von Weiland, Klein oder Reich. Sie fanden jedoch alle kein Körperteil, welches das Spielgerät legal über die Linie drücken konnte.
Doch dann kam die 30. Minute und es ging einmal mehr schnell. Reich bedient aus dem Mittelfeld Hahn ebenso sehenswert wie mustergültig, der setzt sich genauso mustergültig gegen drei Gegenspieler durch und vollendet formvollendet flach und in´s linke Eck zum 1:0 in selbiger Minute.
Der Jubel, der Trubel und die Heiterkeit mussten heute leider etwas gedämpfter ausfallen, da die Gewerkschaft der Feldmäuse (die GeFeld) zu einer Demonstration aufgerufen hatte. So waren am Spielfeldrand zahlreiche Mäuse mit kleinen Transparenten zu sehen, auf denen Stand: „Keine Macht dem Trubel!“; „Der Jubel muss weg!“; „Nieder mit der Heiterkeit!“; „Unser Bau soll unser sein“. Ja, ich glaube sogar eine besonders forsche Maus ein Transparent mit der Aufschrift „Hier kommt die Maus!“ tragen gesehen zu haben. (Wer jetzt pfeift, hat das richtige Lied im Kopf.) Aber das kann auch täuschen.
Der Rückstand schien die Emporer wach gerüttelt zu haben und so versucht sich kurz darauf Wenig an einem Heber über Salomon, zum Glück aber auch an einem über das Tor. So ging es, begleitet von heftigem Schneefall mit einer 1:0 Führung in die warmen Kabinen.
Halbzeitfazit: Über den Kampf ins Spiel beschreibt dieses Spiel der Fortunen wohl am besten. Giovanni Trappatoni beschrieb, neben mir stehend, die Situation doch recht treffend: „Was ich im Moment im Weltfußball sehe, trifft vor allem auf Fortuna zu. Mir ist das zu viel Ballbesitz. Mit teilweise zu wenig Ertrag. Tick, tack, tick, tack, tick, tack. Tuck, tuck, tuck. Hin und her, Und nach 30 Minuten zum ersten mal aufs Tor geschossen.“. Blieb zu hoffen, dass in der zweiten Hälfte mehr Tuck war.
Mit dieser sollte es auch gewohnt weiter gehen, da der Ball ja nicht eckig ist und ein Spiel nicht nur 45 Minuten hat.
Und es begann mit einem Schock, ja sogar mit einer Starre. Dies war nicht nur dem mittlerweile einsetzenden Wirbelsturm mit Schneebeteiligung geschuldet.
In der 49. Minute bekommt Empor eine Ecke zugesprochen. Diese segelt in den Fortunenstrafraum. Dort entsteht das gewohnte Gewühl und Bronisch erfasst die Situation am schnellsten und drischt den Ball zum 1:1 Ausgleich in die Maschen. Zumindest bei dem Mäusen herrschte ausgelassene Stimmung. Trappatoni analysierte das Tor wie folgt: „Tuck. Tick. Tick. Tick. Tacktack. Tack.“ Ein Fuchs dieser Trapp.
Doch dann ging, neben einem Tuck, ein Ruck durch die 96er und sie besannen sich wieder auf den Fußball. In der 55. Minute nimmt ein Spieler der Gäste im Strafraum die Hand bei der Abwehr des Balles zu Hilfe. Da es sich nicht um den Torwart Hüller handelte, der, wie das Verb schon sagt, dies darf, zeigte Suchy nach kurzer Rücksprache mit dem Linienrichter auf den 11Meter Punkt.
Der eingewechselte Vitzthum schnappt sich den Ball, läuft an und… Schießt den Ball so genau in die Mitte der Latte, dass man von solcher Präzision schon beeindruckt war. Da er es unmittelbar danach noch einmal selber mit Köpfchen versuchte, wurde dieser Versuch leider abgepfiffen. Wie sagt man in alten Gebäuden? Schwamm drüber. Oder, um Claudio Pizarro zu zitieren: „Knapp daneben ist auch vorbei.“
Nun merkten auch die Gäste, dass hier mehr zu holen war, als nur der eine Punkt. So kommen Kiraly und Kapitän Wenig mehr als einmal gefährlich vor das Tor der Fortunen. Salomon hatte heute aber einen besonders guten Tag erwischt und machte den Neuer, wenn es notwendig war und hielt die Linie sauber, wenn dies notwendig war.
Die Schlussphase des Spiels gestaltete sich, wie das Ergebnis, ausgeglichen. Allerdings gelang beiden Mannschaften nichts zählbares mehr und so ging es mit einem 1:1 in den Schlusspfiff.
Fazit: Ein gerechtes Unentschieden, da dieses Spiel heute keinen Sieger verdient hatte. Auf beiden Seiten war irgendwie Flasche leer und insbesondere bei den Mannen in Blau fehlte heute die Präzision im Abschluss, das gewohnt brilliante Kurzpasspiel. Man muss auch mal den einfachen Pass spielen, um einen doppelten Pass spielen zu können. Die Pressekonferenz musste heute ausfallen, da es die zahlreichen Übertragungswagen nicht durch das Schneechaos geschafft hatten. Der Mäusestreik ist übrigens beendet-also ich räum die Transparente nicht weg! Bericht: M. Wilde
Tore. 1:0 Hahn (30.); 1:1 Bronisch (49.)
Aufstellung: Salomon; Lukesch; Mühlberger; Steinborn; Klein; Reich (46./Hacker); Meier; Weiland; Eichelbrenner; Heinemann (53./Vitzthum); Hahn (84./Natt).